Projekt Abstillen 4.0

Es war irgendwann Mitte August, der Zwerg gerade 14 Monate alt, als mich zum ersten Mal der Wunsch ereilte, abzustillen. Aber es war anders als bei meiner Tochter. Weder die Nächte waren mühsam, noch musste ich zurück in die Arbeit gehen. Ich denke, ich wollte dadurch lediglich ein bisschen mehr Unabhängigkeit, meinen eigenen Körper zurück. Und das spürte wohl auch der kleine Mann. Wollte das Abstillen zu dieser Zeit so gar nicht klappen. Aber wisst ihr was? Es machte mir nichts aus. Im Gegenteil. Genoss ich es doch auch so sehr. Ich liebte diese Nähe und Bindung. Diese wundervollen Momente mit meinem wahrscheinlich letzten Baby. Und dann dämmerte es mir. War ich selbst wohl doch noch nicht bereit, diese besondere Zeit hinter uns zu lassen. Daher verschob ich es. Auf unbestimmte Zeit.

Einige Monate später war er wieder da. Der Wunsch nach etwas mehr Freiheit. Diesmal sollte es wirklich so weit sein. Der Kleine war gerade 16 Monate alt geworden, mein Geburtstag rückte näher und ich sehnte mich nach Zeit mit Freunden, um das ein wenig zu feiern. Es war viel weniger der Alkohol, als dass ich auch nachts noch sehr oft gebraucht werde, was mich dazu motivierte. War es bei der Großen nie ein Problem, dass sie bei Oma übernachtete – auch, als sie noch gestillt wurde – wollte der Kleine in der Nacht nur Mama. Bzw. Mamas Busen. Nur dieser brachte ihn zur Beruhigung und schlussendlich auch wieder zum Einschlafen. War ich nicht da, teilte er allen seine Verärgerung darüber lautstark mit. Und zwar solange bis er entweder bekam was er wollte, oder vor Erschöpfung wieder einschlief. Und daher, wenig überraschend, zog ich das Abstillen auch diesmal nicht durch. Ich drückte mich davor durch diesen Prozess zu gehen. Denn, wie sich abzeichnete, würde es viele unruhige Nächte und tausende Tränen bedeuten und mich wahrscheinlich an den Rand der Verzweiflung katapultieren. Und ich konnte diese Wut und Traurigkeit zu diesem Zeitpunkt einfach nicht ertragen. Also stillte ich weiter. 

Irgendwann war mein nächstes Ziel Weihnachten. Diesmal recherchierte die gängigsten und erfolgreichsten Abstill-Methoden und tauschte mich mit Freundinnen aus. Es war mir so wichtig, einen guten Weg für uns zu finden. Denn ehrlich gesagt hatte ich bis dahin keine Ahnung wie wir tatsächlich aufhören sollten. Und hoffte insgeheim, dass er irgendwann von selbst durchschläft und unser nächtliches Ritual damit Geschichte ist.

Aber das passierte nicht.

Dann kam Weihnachten. Und wir stillten immer noch. Doch es veränderte sich etwas. Die Nächte nach Weihnachten waren so unruhig wie schon lange nicht. Ob es an den vielen Eindrücken oder den aufgrund der Feierlichkeiten unregelmäßigen Schlafenszeiten lag? Jedenfalls wachte der Zwerg sehr oft auf, suchte Nähe, suchte mich. Meine Brust wurde zum Dauernuckeln verwendet. Schmerzende Brustwarzen und schlaflose Nächte waren schlussendlich der Grund, das Abstillen noch einmal zu überdenken.

In der Nacht vom 28. Dezember schlief meine Tochter bei Oma. Eine gute Gelegenheit, es noch einmal versuchen. Mit meiner eigenen Methode, unserer Methode. Ganz instinktiv, wie es sich in genau diesem Moment richtig anfühlte. An jenem Abend stillte ich ihn nicht in den Schlaf. Aber ich bot ihm Ersatz für die Muttermilch an. Probierte es mit einer Flasche Hafermilch, die er, zu meinem Erstaunen, nicht nur nicht ablehnte, sondern auch ziemlich lecker fand. Und das war die erste Nacht, in der durchgeschlafen hat. Zehn Stunden am Stück. Ein ganz neues Lebensgefühl! Das bis heute angehalten hat. Natürlich gibt es Nächte, in denen er besser schläft, und Nächte, in denen er einmal öfter aufwacht. Aber es funktioniert. Und ich glaube, der einzige Unterschied zwischen den Versuchen und dem schlussendlichen Abstillen war, dass ich mir diesmal sicher war. Mein Entschluss stand fest. Ich konnte und wollte nicht mehr. Und ich habe einen Weg gefunden, es auf unsere Art und Weise zu tun. Weil Abstillen so individuell ist, dass es kein Allgemeinrezept gibt. 

Mein Tipp an euch ist also – stillt erst ab, wenn ihr wirklich so weit seid. Und findet heraus, wie es für euch funktionieren kann. Bis dahin – genießt dieses wundervolle Ritual, habt kein schlechtes Gewissen und lasst euch nicht stressen!

Eure

Barbara